Es ist doch verrückt, dass wir über fairen Handel sprechen (müssen). Es ist doch verrückt, dass ungerechte Arbeitsbedingungen zur Norm geworden sind. Ja, das ist verrückt. Ich stelle mir gerade vor, faire Geschäftsbeziehungen wären weltweit der Standard und unfairer Handel müsste gekennzeichnet werden.
Schön wär’s. Doch leider leben wir in einer anderen Realität.
Der Welthandel ist ungerecht
Wir leben in einer Welt, in der nach Macht gestrebt wird. Auch wenn es um die Erzeugung unserer Lebensmittel geht. Die Mächtigen drücken die Preise und die Schwachen ziehen den Kürzeren. Das sind meist die, die am Anfang der Lieferkette stehen: Kaffeebäuer:innen, Arbeiter:innen auf Kakaoplantagen oder Orangenfarmer:innen. Während nur Wenige vom wachsenden globalen Reichtum profitieren, ist es für andere fast unmöglich, ihre Lebenskosten zu decken, geschweige denn die Lebensumstände zu verbessern.
Das Problem, dass diejenigen, die unsere Lebensmittel produzieren, am wenigsten daran verdienen, betrifft natürlich auch Landwirt:innen in Deutschland.
© gebana
Was ist fairer Handel?
Der Faire Handel zielt darauf ab, das schwächste Glied der (Liefer-)Kette zu schützen und verspricht zumindest laut Definition Möglichkeiten die individuellen Potenziale zu entfalten. Die internationalen Dachorganisationen für fairen Handel FLO/IFAT/NEWS/EFTA definieren ihn so:
“Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzent*innen und Arbeiter*innen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit Verbraucher*innen) für die Unterstützung der Produzent*innen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.”
Das Problem beim fairen Handel
So viel zur Theorie. Doch wie sieht das Ganze in der Praxis aus? Viele Großunternehmen und Konzerne sehen in einem fairen Sortiment eine höhere Marge und damit die Möglichkeit ihren Profit zu maximieren. Sie reizen die Fairtrade-Standards bis auf’s letzte Minimum aus. Doch selbst wenn sie den Standard einhalten, zerstört ihr rein profitgetriebenes Verhalten als Händler und ihre Unternehmenspolitik insgesamt nachhaltige und faire Wertschöpfungsketten, anstatt solche aufzubauen. Das hat nichts mit dem ursprünglichen Entwicklungsansatz des fairen Handels zu tun.
Nur weil fair draufsteht, ist kein faires Produkt drin. Nur weil nachhaltig auf das Etikett gedruckt wurde, ist es kein nachhaltiges Produkt.
Was wir uns vor Augen führen müssen: Die Begriffe “fair” oder “nachhaltig” sind zum Einem nicht gesetzlich geschützt. Zum Anderen wird allein durch die Produktion von “fairen” Produkten die Welt nicht automatisch gerechter.
© gebana
Was mir wichtig ist: Das soll nicht heißen, dass “fair” betitelte Produkte schlecht sind. Ganz im Gegenteil. Sie sind fairer als nicht faire Produkte und es ist wichtig, dass es sie gibt. Nur tragen sie in der Gesamtheit nicht immer zu einer wirklichen, nachhaltigen Veränderung bei.
Aus diesen Gründen betitelt gebana ihre Produkte nicht mehr explizit als fair. Sie wollen einen neuen Standard, ein neues System schaffen. Und nicht weiter ein vielleicht besserer Teil des vorherrschenden Handelssystems sein.
gebana: Changing the rules
“Warum kostet ein Kilo Bananen weniger als ein Kilo Schweizer Äpfel?” Mit dieser Frage setzten 1973 eine Gruppe Schweizer Frauen den Grundstein für die “Arbeitsgemeinschaft GErechter BANAnenhandel”, kurz gebana. Im Laufe der letzten 40 Jahre entwickelte sich aus dem Engagement für einen fairen Bananenhandel ein Unternehmen, dass die Regeln des Handels nachhaltig ändert.
Für gebana ist Fairness und Nachhaltigkeit ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Ursula Brunner, Bananenfrau der ersten Stunde, sagte einst: “Es gibt kein faires Produkt, fairer Handel ist ein Prozess”. Und so sieht es auch gebana: Zu behaupten, ein Produkt sei fair, so wie es ist, bedeute Stillstand. Und genau diesen will gebana nicht.
gebana engagiert sich weit mehr als nur für Bio- und Fairtrade-Zertifizierungen. Sie betrachten die gesamte Wertschöpfungskette und denken über Zertifizierungen hinaus. Nur so lässt sich schrittweise das nachhaltigste Produkt entwickeln. Ein Prozess, der nie aufhört.
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Direkter Handel: Weltweit ab Hof
Was gebana grundsätzlich anders macht, nennt sich Crowd-Order-Prinzip. Der Grundgedanke von Crowd-Ordering ist ähnlich wie beim Crowfarming: Kund:innen im Globalen Norden rücken mit Bauern und Bäuerinnen im Globalen Süden näher zusammen. Crowdfarming garantiert eine feste Abnahme und vorfinanziert die Ernte dank der Unterstützenden. Auch gebana löst Probleme mit der Crowd: Für frische Produkte sammeln sie die Vorbestellungen bis zum geschätzten Erntezeitpunkt und versenden anschließend in Großpackungen direkt an Kund:innen in Europa. So habe ich jetzt schon einige Male köstliche #EchteOrangen erhalten.
Das Prinzip erinnert an die solidarische Landwirtschaft, nur dass es eben nicht regional begrenzt ist. In beiden Fällen werden viele Zwischenstationen ausgelassen und unnötiges Umpacken vermieden. So sind die Abnahmemengen größer als gewöhnlich — die Früchte dafür frischer. Dadurch entsteht eine direkte und langfristige Beziehung zu Bauernfamilien. Außerdem bildet sich durch die Verarbeitung eine Wirtschaft vor Ort: lokale Wertschöpfung!
Mit diesem Prinzip möchte gebana die Machtverhältnisse verändern und Landwirt:innen ermöglichen, ihre Zukunft mitzugestalten und ganz nebenbei den Handel neu zu definieren.
gebana teilt Umsatz, Gewinn und Macht
Grundsätzlich erhalten Bauernfamilien im fairen Handel einen Mindestpreis und ihre Kooperativen eine Prämie pro Kilogramm Rohware. Danach entscheiden Importeure, Verarbeiter und Supermärkte über die Preisgestaltung und schlagen auf jeder Stufe ihre Marge drauf.
Am Ende sind die Preise der fairen Produkte hoch. Doch das Wenigste davon kommt bei den Bauern und Bäuerinnen an. Das beruht nicht unbedingt auf Böswilligkeit der Akteure, sondern auf dem Aufbau des vorherrschenden Handelssystems.
Genau das möchte gebana ändern und tut es auch. Die Bauernfamilien erhalten von gebana deshalb einen Teil des Preises, den die Kund:innen für das Endprodukt bezahlen. So werden Landwirt:innen, gebana und Kund:innen zu einem Dream-Team. Dieser Ansatz ist viel effizienter und fairer, als auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette eine möglichst hohe Marge zu generieren.
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Gebana macht Schluss mit “fair”
Für gebana ist Fairness und Nachhaltigkeit ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Ursula Brunner, Bananenfrau der ersten Stunde, sagte einst: “Es gibt kein faires Produkt, fairer Handel ist ein Prozess”. Und so sieht es auch gebana: Zu behaupten, ein Produkt sei fair, so wie es ist, bedeute Stillstand. Und genau diesen will gebana nicht.
Nur weil fair drauf steht, ist es kein faires Produkt. Nur weil nachhaltig auf das Etikett gedruckt wurde, ist es kein nachhaltiges Produkt.
Was wir uns vor Augen führen müssen: Die Begriffe “fair” oder “nachhaltig” sind zum Einem nicht gesetzlich geschützt. Zum Anderen wird allein durch die Produktion von “fairen” Produkten wird die Welt nicht automatisch gerechter.
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Mein Fazit
Chapeau! Ich bewundere das Engagement von gebana und bin mehr als überzeugt von ihrer Arbeit. Abgesehen davon ist meine gesamte Familie süchtig nach den #EchtenOrangen. Der Artikel hat mich sehr nachdenklich gemacht und darin bestätigt, dass wir einfach in so vielen falschen und überwiegend ungerechten Systemen feststecken. Diese machen es wirklich schwer, etwas nachhaltig zu verändern. Aber eben nicht unmöglich.
Sag es gern weiter und teile diesen Artikel!