HEYHO Granola macht Schluss mit Fließbandproduktion, Verpackungswahn und sozialer Ausgrenzung. In der Lüneburger Granola-Manufaktur rösten die Granola-Aktivisten Christian, Stefan und Tim mit ihrem Team Müslis in Handarbeit. Die Zutaten sind biologisch und großteils aus der Region. Die soziale Müslirösterei öffnet außerdem gesellschaftlich benachteiligten Menschen die Tür zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ich habe mit Christian über’s Frühstücken, das bunte HEYHO Granola Team und Wachstum mit Grenzen gesprochen.
Christian, beim Thema Frühstück scheiden sich ja oft die Geister. Kann ein Granola Aktivist überhaupt ohne Frühstück das Haus verlassen?
Ich kann kurz ohne Frühstück aus dem Haus gehen, aber wo auch immer ich dann ankomme, muss ich tatsächlich erstmal frühstücken – am liebsten dann natürlich ein HEYHO Granola, man muss ja immer schauen, dass die Qualität stimmt.
Warum sollte ausgerechnet HEYHO Granola auf dem Frühstücktisch stehen?
Weil man sich mit unseren verrückten Sorten nicht nur sich selbst eine Freude machen kann, sondern auch den Leuten, die in der Produktion bei HEYHO arbeiten. Wir bauen einen bunten Produktionsstandort auf, wo wir für Menschen Perspektiven schaffen, die vom Jobmarkt ausgeschlossen sind. Je mehr Menschen HEYHO Granola essen, umso mehr Müsli können wir rösten und umso mehr Leute können wir beschäftigen.
Woher kommt dieser soziale Ansatz, gesellschaftlich benachteiligte Menschen zu beschäftigen?
Grundsätzlich haben wir bei HEYHO! den tiefen Wunsch nach mehr Fairness in der Gesellschaft. Wir leben in einer Welt, wo doch jeder ahnt: so kann es einfach nicht weitergehen. Wir wollen einfach zeigen, dass es auch anders gehen kann. Mit HEYHO! wollen wir beweisen, dass die Welt zwar nicht das vierhundertste Müsli braucht, aber ein anderes Wirtschaften. Mit einer klaren sozialen Zielsetzung bringen wir wieder mehr Abwechslung ins Müslisegment, dazugegeben ziemlich verstaubt ist. Durch einen guten Zufall haben Tim und ich Stefan kennengelernt. Er arbeitet seit 20 Jahren in der Wohnungslosenhilfe. Dadurch kam die konkrete Idee, mit dem Projekt wieder Perspektiven für Menschen zu schaffen, die aufgrund ihrer Lebensgeschichte vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind.
Seht ihr euch als Vorreiter in Sachen Verantwortung der Unternehmen für Mitarbeiter?
Vorreiter wär vielleicht etwas zu dick aufgetragen. Wir wollen einfach beweisen, dass man mit Vertrauen, Wertschätzung und Offenheit ganz viel Positives bei Menschen bewirken kann. Bei HEYHO Granola schaffen wir einen Ort, an dem Menschen, die vielleicht noch nie Wertschätzung erfahren haben, fair bezahlt werden und wo jemand sagt „Cool, dass du da bist“. Wir sind überzeugt, dass jeder etwas kann und tief drinnen auch den Wunsch verspürt, etwas zu machen. Sieben Tage Sonntag sind eben auch kein Highlight. Jeder Mensch will doch Teil von etwas sein und sich einbringen. Das ist der Antrieb, warum wir zur Arbeit gehen. Das ist ein wichtiger Grund, warum wir zur Arbeit gehen. Neben dem finanziellen Aspekt geht es am Ende doch um Wertschätzung und Teilhabe. Wenn wir da andere Unternehmen inspirieren können nehmen wir die Vorreiterrolle gerne an.
Du hast bereits erwähnt, dass HEYHO mit einem sehr bunten Team in der Rösterei steht. Wer gehört denn zu Eurer Crew?
Bei HEYHO! arbeiten Menschen aus den verschiedensten Himmelsrichtungen des Lebens. Es gibt tausend Gründe warum Menschen an Grenzen stoßen und keine Chance mehr auf eine fair bezahlte Anstellung bekommen. Wir kramen nicht in der Vergangenheit, sondern schauen nach vorne und fragen, worauf die Mitarbeiter*innen inhaltlich Lust haben und wo sie weiter kommen wollen. Bei uns ist es egal, was die Leute vorher gemacht haben. Wir schauen, worauf die Mitarbeiter*innen inhaltlich Lust haben zu arbeiten und wo sie weiterkommen wollen.
Milad ist z.B. vor drei Jahren aus dem Iran geflohen und hatte es aufgrund von Sprachbarrieren und mangelnder Ausbildung sehr schwer, einen Job zu finden. Bei HEYHO! sorgt er für gute Stimmung in der Produktion und packt bei allen Schritten in der Produktion mit an. Ohne Milad geht nix. Dieses Jar werden wir ihn hoffentlich fest anstellen können, das ist unser großes Ziel.
Dann arbeiten wir z.B. noch mit Karl (Name geändert). Aufgrund einer Depressionserkrankung ist er schon länger aus dem Arbeitsleben raus – frühverrentet mit Anfang 30, also echt noch jung. Karl braucht viel Ordnung und klare Strukturen. Deshalb schmeißt er bei uns das Versandlager und hilft, Ordnung in unseren Chaoshaufen zu bringen. Bei uns arbeiten auch noch Studierende der Uni Lüneburg, die lieber mit uns Müsli rösten, anstatt zu kellnern.
Die Vielfalt der Charaktere trägt eben wesentlich zur Stimmung in der Rösterei bei. mit. Ganz ehrlich: Am Ende hat doch jeder einen weg von uns. Es gibt keinen, der komplett knusper ist. (kurzer Lachflash beiderseits) Am Ende muss es natürlich funktionieren, aber eben immer auch Spaß machen. Wenn’s Spaß macht, kommt der Rest schon von alleine.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es beispielsweise ist, mit psychischen Krankheiten in der Arbeitswelt Fuß zu fassen und diese Teilhabe zu erfahren. Wie erlebt Ihr die Zusammenarbeit?
Bisher sammeln wir sehr positive Erfahrungen. Aus dem Bereich der Wohnungslosenhilfe haben wir tolles Feedback von den Betreuern. Seitdem J. und T. bei uns arbeiten – auch wenn sie nur zweimal die Woche kommen – sind sie Teil von HEYHO Granola. Das macht einfach viel Gutes mit den beiden. Für Karl, der eher Team Ordnungsliebhaber ist, ist so ein leicht chaotisches Startup wie HEYHO! auch eine Herausforderung. Wenn er sagt “Boah Jungs, ihr müsst mehr Ordnung rein bringen!”, sagen wir “Ja geil, hilf uns dabei! Du bist der Ordnungsprofi!” Wir kehren das dann sozusagen um.
Wenn sich jemand nicht gut fühlt, dann muss er auch nicht kommen. Er muss nur rechtzeitig Bescheid geben und dann ist es auch ok. Wir haben viel Geduld und Verständnis. Schließlich wollen wird ja dabei helfen, gute Potentiale zu entfalten. Das geht eben nicht an jedem Tag, das wissen wir.
Nach dem Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, sollten Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt stets gleichermaßen berücksichtig werden. Euer Konzept ist der Beweis, dass das möglich ist. Was hindert die meisten Unternehmen daran, diese Schritte ebenfalls zu gehen?
Ich glaube, es ist eine Profitgetriebenheit aufgrund von Aktionärsstrukturen. Viele Betriebe, die einmal mit guten Ideen gegründet wurden, gehören am Ende nicht mehr den Menschen, die den Betrieb eigentlich am Laufen halten. Hier kommen Interessen dazu, die immer nur auf Wachstum, Wachstum, Wachstum ausgerichtet sind. Ja, wir müssen wachsen und eine gewisse Größe haben, damit sich das ganze Projekt trägt. Aber auch das hat eben seine Grenzen. Allein der Gedanke, dass Wachstum Grenzen haben kann, ist in unserer heutigen Zeit völlig fremd.
Wir glauben, dass man einen Betrieb vernünftig und lieber langsam aufbauen sollte, anstatt schnell zu wachsen und wichtige Aspekte wie z.B. die Mitarbeiterzufriedenheit hinten runter fallen zu lassen. Firmen sollten sich klar werden, was eigentlich ihr Zweck ist – außer Wachstum und Geldvermehrung. In vielen Bereichen findet da gerade ein Wandel statt, weil die Menschen keinen seelenlosen Mist mehr kaufen wollen. Was man nicht vergessen darf: Wir leben in einer krassen Überflussgesellschaft. Dennoch kann man innerhalb dieser mit gutem Beispiel vorangehen und es anders machen. Dafür treten wir mit HEYHO! an.
HEYHO Granola – alles andere ist Müsli
Ich treffe die Granola-Aktivisten bereits zum zweiten Mal auf der BIOFACH in Nürnberg. Was sofort am bunten Stand auffällt: Der Spaß und das Miteinander stehen immer im Mittelpunkt. Die soziale Müslirösterei bezieht ihren Hafer aus der Region um Lüneburg. Auch die Zutaten, die nicht in Deutschland beheimatet sind, wählt HEYHO mit viel Bedacht aus. Die Idee, das fertige Müsli in Gläser zu verpacken, entstand eigentlich aus der Not heraus. “Wir hatten einen Testverkauf in einer Walldorfschule. Kartons hätten wir in dieser Zeit nie cool bemalen können und haben dann einfach Gläser genommen.”, erzählt mir Christian. “Auf dem Markt war die Resonanz auf das Glas so krass positiv, dass wir beim Glas geblieben sind.”
“Recycle oder mach was Schönes damit! Peace.”
HEYHO Granola arbeitet auch mit Unverpacktläden zusammen. Dort können die bunten Müsligläser dann ganz einfach wieder aufgefüllt werden. Der Aufdruck “Recycle oder mach was Schönes damit! Peace.” erinnert die Kunden*innen daran, verantwortungsbewusst mit der Verpackung umzugehen. Christian hat auch paar Upcycling-Tipps parat: “Die Gläser machen sich super als Aufbewahrungsgefäße in der Küche. Man kann auch einfach eine Kerze reinstellen oder eine Lampe daraus basteln.”
Du findest HEYHO! klasse und möchtest das coole Müsli-Team unterstützen? Dann schau doch gerne in Deinem nachten Alnatura vorbei. Hier findest Du den ganzen März über alle leckeren Sorten in den Regalen. Wenn genug Gläserner den Ladentisch gehen, hat HEYHO Granola die Chance auf eine Listung in den Alnatura-Märkten. Das würde ihnen beim Aufbau der sozialen Müslirösterei enorm helfen.