Bei Lebensmitteln rückt der regionale Aspekt immer mehr in den Fokus. Doch wie sieht es damit bei Naturkosmetik aus? Naturschatz hat die Antwort parat: Cremes mit regionalen Ölen und vieles mehr. Die Gründerinnen Ellen und Sigrid bringen mit ihrem Label Naturschatz ordentlich frischen Wind in die Naturkosmetik-Szene. Ich habe mit Ellen gesprochen – wie es überhaupt zu Naturschatz kam, was genau ihre Produkte von der Masse abhebt und wie du gute Naturkosmetik erkennst.
Ellen, wie bist du eigentlich zum Thema Naturkosmetik gekommen?
Angefangen hat alles vor circa fünf Jahren. Damals habe ich aus gesundheitlichen Gründen begonnen, mich vegan zu ernähren. Dadurch kam dann auch die Frage auf, was ich eigentlich auf meine Haut gebe – denn sie ist ja schließlich unser größtes Organ.
In meinem Bad war damals viel konventionelle und auch viel vom Hausarzt verschriebene, echt aggressive Kosmetik. Als ich mir die Inhaltsstoffe mittels Code Check genauer angesehen habe, war ich echt schockiert über die u.a. krebserregenden Stoffe. Daraufhin habe ich alles auf Naturkosmetik umgestellt und auch verschiedenste Marken ausprobiert. Schließlich hat mich aber nichts so wirklich überzeugt.
Was genau hat dich denn an dem – ja eigentlich sehr breiten – Angebot an Naturkosmetik gestört bzw. was hat dir gefehlt?
Einerseits bin ich mit fast keinem Produkt klargekommen. Dazu muss ich sagen, dass ich schon immer eine Problemhaut habe. Natürlich benötigt die Haut immer Zeit, sich an neue Produkte zu gewöhnen. Bei mir hat aber auch nach langer Anwendung nichts angesprochen bzw. meine Hautprobleme wurden eigentlich noch schlimmer.
Andererseits habe ich vor dem Naturkosmetik-Regal immer nur ein Meer aus Plastik gesehen und dies einfach nicht verstanden. Als ich mich genauer mit den Inhaltsstoffen beschäftigt habe, hatte ich bei der Hälfte nur Fragezeichen im Kopf. Außerdem fehlte mir bei all den fancy Ölen aus aller Welt der regionale und saisonale Bezug – der ja zum Glück im Lebensmittelbereich bereits angekommen ist.
Wie kam dann der konkrete Schritt, mit Naturschatz eine eigene Naturkosmetik herzustellen?
Es war dann tatsächlich mein Eigenbedarf und die Tatsache, dass das Angebot auf dem Markt nicht zufriedenstellend für mich war. Dann haben meine Geschäftspartnerin Sigrid und ich angefangen, uns selbst in die Küche zu stellen. Wir haben im Internet nach Creme Rezepten gesucht, Blogs durchforstet, Bücher bestellt und alles durchgearbeitet. Wir haben auch alle Öle durchprobiert und uns Schritt für Schritt rangetastet.
Also vom DIY-Projekt zur eigenen Naturkosmetik Marke?
Ja, genau! Irgendwann haben wir Freunden davon erzählt, die es dann auch ausprobieren wollten oder eben zu verschiednen Anlässen verschenkt. Das Feedback wurde dann eben immer besser und wir haben unsere Rezepte immer weiter verbessert.
Was ist an den Naturschatz Produkten anders?
Jede Creme benötigt eine Flüssigkeit. Wir verwenden statt purem Wasser – denn das hat ja per se keine Wirkung – Pflanzenextrakte aus beispielsweise Kamille und Linden.
Dann verzichten wir auf Alkohol. Dieser muss zwar nicht als offizieller Konservierungsstoff deklariert werden, wird aber häufig zur Konservierung verwendet – und trocknet die Haut aber auch aus. Auch hier verwenden wir eine pflanzliche Konservierung auf Zucker-Mais-Basis. Unser Ansicht nach ist es nicht sinnvoll, komplett auf Konservierung in Kosmetik zu verzichten. Dadurch könnten sich dann Bakterien in der Creme entwickeln, die unserer Haut mehr schaden. Unser pflanzlicher Konservierer hat sogar den positiven Nebeneffekt, dass er zusätzlich Feuchtigkeit spendet.
Ab einer gewissen Konzentration kann auch Glycerin austrocknend wirken. Deshalb haben wir nach Ölen gesucht, die wir stattdessen verwenden können.
Bei den Zutaten legt ihr einen besonderen Schwerpunkt auf Regionalität. Wisst ihr dann immer genau, wo welcher Rohstoff herkommt?
Unsere Pflanzenöle und ‑extrakte kommen komplett aus Europa. Wir versuchen möglichst viel aus Deutschland und Österreich zu beziehen – aber auch Italien, Frankreich, Spanien und Bulgarien.
Die Produzenten lassen sich da allerdings gar nicht so sehr in die Karten schauen, denn es könnte ja mal zu Ernteausfällen kommen. Dann könnte die genaue Herkunft nicht mehr garantiert werden. Das mussten wir auch erst lernen. Wir hatten anfangs die Vorstellung, genau zu wissen, von welchem Bauer aus Frankreich beispielsweise das Lavendelöl kommt. Aber wir sind hartnäckig geblieben und können unseren Kunden jetzt zu jedem Öl das Herkunftsland ausweisen. Die Transparenz schafft Vertrauen, das bei Kosmetikprodukten sehr wichtig ist.
Mit den Naturschatz Tiegeln macht ihr ja auch ein Statement was die Verpackung angeht..
Über die Verpackung haben wir uns ganz lange unterhalten. Wir wollten, dass unsere Produkte restlos aufgebraucht werden können, – ohne sie in Kleinteile zerlegen zu müssen – sowie umweltfreundliche Verpackungsmaterialien. Deshalb wurde es der Violettglas-Tiegel. Dieser kann im grünen Altglas entsorgt oder upgecycelt werden. Der Deckel ist aus Bakelit und kann im Restmüll entsorgt werden. Hier haben wir uns bewusst gegen Verbundsstoffe entschieden, die sehr schlecht zu recyceln sind. Leider gab es zu dem Zeitpunkt auf dem Markt keine Alternative zu einem Deckel aus Bakelit in Kombination mit dem Glastiegel.
Eine Naturschatz Creme im 50 ml Tiegel kostest gut 50 Euro. Das mag für Naturkosmetik-Einsteiger/innen auf den ersten Blick teuer erscheinen. Kannst Du erklären, wie dieser Preis zustande kommt?
Der Preis ist auf die hochwertigen Inhaltsstoffe zurückzuführen. Anstelle von Wasser, das üblicherweise der Hauptbestandteil einer Creme ist, verwenden wir Pflanzenextrakte aus Gurke oder Kamille. Außerdem finden sich in unseren Cremes hochpreisige Samenöle aus Himbeeren oder Trauben, die besonders tiefenwirksam sind. Und auch bei Konservierung und Emulgator haben wir uns für die aus unserer Sicht besten und hautfreundlichsten Lösungen entschieden. Natürlich spiegelt sich die Qualität im Preis wider. Allerdings sind unsere Gesichtscremes gerade aufgrund dieser hohen Konzentration an wirksamen Inhaltsstoffen sehr ergiebig. Wenn 50 ml für sechs Monate reichen, dann ist das nicht nur nachhaltig, sondern schont auch den Geldbeutel.
Jetzt reden wir die ganze Zeit über Naturkosmetik – der Begriff ist ja nicht gesetzlich geschützt. Was hältst du von den gängigen Siegeln, die es auf dem Markt gibt?
Gegenüber Siegeln bin ich zwiegespalten. Zum einen gibt es sehr viele verschiedene Siegel und zum anderen wirkt es für den/die Konsumenten/in wie ein Stempel, dass das Produkt „gut“ ist. Aber die wenigsten setzen sich damit auseinander, was wirklich hinter dem Produkt oder der Firma steckt.
Wir erfüllen alle Voraussetzungen der gängigen Siegel auf dem Markt und gehen sogar über deren Anforderungen hinaus: : Indem wir alle Inhaltsstoffe aus Europa beziehen und dadurch einen geringeren C02-Fußabdruck haben, indem wir diesen Fußabdruck durch eine Spende an Klimaschutzprojekte in Indien kompensieren, indem wir unser Geschäftskonto bei einer nachhaltigen Bank haben, … All diese Punkte könnten mit einem Siegel gar nicht abgedeckt werden.
Gleichzeitig sind Siegel ein sehr kostspieliger Faktor, vor allem für kleine, junge Unternehmen wie wir. Bislang haben wir uns gegen ein Siegel entschieden, aber für viel Transparenz in der Kommunikation unseren Kunden gegenüber.
Plant ihr für Naturschatz in Zukunft eine Zertifizierung?
Grundsätzlich wäre es recht schnell realisierbar, weil die Produkte die Anforderungen erfüllen. Allerdings sehen wir aktuell nicht den Bedarf und auch nicht den Mehrwert für unsere Kunden. Vielmehr hoffen wir auf einheitliche EU-Standards oder staatliche Regelungen, die für den Kunden verständlich sind und einheitlich Anwendung finden.
Welche Tipps würdest Du bei der Suche nach Naturkosmetik geben? Gibt es Orientierungshilfen? Woran erkenne ich gute Naturkosmetik?
Ich würde neben den Siegeln die Code Check App empfehlen. Diese ist echt hilfreich und super einfach zu bedienen. Per Barcode-Scan werden alle bedenklichen Inhaltsstoffe aufgelistet und nach dem Ampelsystem bewertet. Das gibt eine gute Hilfe im Siegel-Dschungel und gibt eben auch genauen Aufschluss über gute Produkte ohne Siegel.
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www.naturschatz-kosmetik.com
Interviewgast: Ellen
Bilder: © Naturschatz